Die Arlberg Classic Car Rallye 2025
Jedes Jahr, wenn die ersten Tage des Hochsommers anbrechen, begibt sich ein elegantes Publikum mit ausgeprägter Individualität für ein paar zeitlose Tage nach Lech am Arlberg. Das Alpendorf steht mittlerweile in voller Blüte – seine Berge glänzen, der klare Lech fließt fröhlich entlang der Straße und die umliegende Fauna und Flora zeigen ihre ganze Pracht – und es wirkt wie meilenweit entfernt vom Winterwunderland, das es noch vor wenigen Monaten war. Im allgemeinen Bewusstsein bleibt Lech unweigerlich mit der Skikultur und -geschichte verbunden, da Vorarlberg eine der Hauptregionen ist, in denen dieser Sport seinen Ursprung hatte. Das Tal ist meist schneebedeckt und verfügt über das größte Skigebiet Österreichs – es verbindet St. Anton mit Warth über kilometerlange Pisten. Das Dorf ist auch für seine engen Verbindungen mit internationalen Künstlern und Persönlichkeiten im Laufe der Jahre bekannt geworden. Während berühmte Fotografen wie Slim Aarons oder Robert Capa zwischen den 1950er und 1970er Jahren das Alltagsleben und den Tourismusboom des Dorfes eingefangen haben, ist Lech heute auch ein Ziel für zeitgenössische Kunst – verstärkt durch die Eröffnung von James Turrells Skyspace in Oberlech im Jahr 2018.
Doch etwas anderes vereint diese außergewöhnliche Gruppe von Liebhabern und Kennern jedes letzte Juni-Wochenende, wenn sie mit einzigartigen, unerwarteten und geschichtsträchtigen Fahrzeugen die Straßen und Pässe der Region erobern.
Ab dem 26. Juli und über drei Tage hinweg, gerade als eine Hitzewelle das Arlberg-Tal erfasste, empfing die Arlberg Classic Car Rallye (A.C.C.R.) rund 120 Oldtimer mit einer beeindruckenden stilistischen und zeitlichen Vielfalt – von Prachtstücken aus der Vorkriegszeit bis hin zu Autos aus der Mitte der siebziger Jahre. Auch wenn diese Rallye, die inzwischen in ihrem 16. Jahr stattfindet, einen festen Kern an deutschen Fahrzeugen aufweist (wir haben über 50 Porsche – darunter ein gutes Dutzend hervorragend erhaltener 356er – und Mercedes, sowie einen ziemlich seltenen burgunderroten BMW 507 Roadster von 1957 gesichtet), so nimmt sie auch englische Automobile besonders in den Fokus – darunter Tourer, Roadster und Coupés. Und es gibt kaum etwas Vergleichbares, als eine Gruppe majestätischer Bentley-Cabriolets auf den Arlbergstraßen zu sehen (und zu hören!), deren Karosserien in British Racing Green sich harmonisch in die tiefen Farbtöne der umliegenden Tannenwälder einfügen. Diese Fahrzeugauswahl spiegelt nicht nur den individuellen Geschmack und Charakter jedes Sammlers wider, sondern spricht auch gewissermaßen für den Geist von Lech – ein Dorf, das stets offen für neue Kulturen war und Touristen aus aller Welt angezogen hat, insbesondere aus Großbritannien. Das Dorf ist vor allem dafür bekannt, über viele Jahre hinweg das bevorzugte Winterreiseziel der britischen Königsfamilie gewesen zu sein – was zweifellos die Verbindung und den Austausch zwischen zwei unterschiedlichen, aber in gewisser Weise konvergierenden Kulturen gestärkt hat.
An erster Stelle der Startliste steht jedoch eine amerikanische Rarität, die man heute nur selten auf der Straße sieht: ein Ford Model T von 1914 mit roten Ledersitzen und unter der Vorarlberger Sonne glänzendem Chrom. Das kutschenähnliche Fahrzeug startet am Samstagmorgen in die zwei vollen Rallyetage, hupt dabei originell beim Verlassen des Dorfes und beschleunigt über die hügeligen Straßen. Der Kontrast könnte kaum größer sein: Der futuristisch wirkende, aerodynamische Lancia Stratos hebt sich mit seiner ungewöhnlichen leuchtend grünen Farbgebung und seiner visionären Form deutlich von der Menge ab.
So unterschiedlich sie auch sein und aussehen mögen – alle teilnehmenden Fahrzeuge folgen demselben Programm und durchlaufen am ersten Tag eine traditionelle „Fahrzeugsegnung“ im Ort. Danach dürfen die Fahrzeuge bis zum dritten Tag ruhen, während ihre Besitzer Österreichs höchstgelegenen Golfplatz entdecken – ein Moment im Zeitplan, der dazu dient, Lech aus einer anderen Perspektive kennenzulernen und neue Teilnehmende zu treffen. Mahlzeiten und Pausen werden entweder mit ernsthafter Planung der Rallye-Route oder mit Entspannung und Geselligkeit in benachbarten Hotels oder am Startpunkt der Rallye verbracht – wo der ASC Lech eine Bar und einen Treffpunkt eingerichtet hat, der sich rasch zum bevorzugten gesellschaftlichen Mittelpunkt des Dorfes entwickelt hat. Angesichts des herrlichen Wetters und der in der Ferne rufenden Arlberg-Gipfel können einige Teilnehmer der Versuchung nicht widerstehen, sich vor dem großen Starttag zu einer Solo-Fahrt durch das Tal aufzumachen, obwohl dies nicht zulässig ist.
Während dieser fünf Tage und mit allen Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Rallye – denken Sie an strahlenden Sonnenschein, extremen Spaß, gelebten Teamgeist und… ein wenig unglücklichen Regen – entstand bei der A.C.C.R. in diesem Jahr eine stets fröhliche und überaus freundliche Atmosphäre, geschaffen von ihren Teilnehmenden und dem Organisationsteam. Alle Beteiligten verstanden sich bestens, und die österreichische Tradition vollendeter Gastfreundschaft trug zusätzlich zu den geselligen Momenten auf und abseits der Straße bei. Mit einem Porsche Spyder von 1955 oder einem leuchtend roten Mercedes 300 SL Coupé im sommerlichen Glanz Ende Juni ins Arlberg-Tal zu fahren, erweist sich wohl als eine der besten Möglichkeiten, eine außergewöhnliche Region kennenzulernen oder neu zu entdecken. Die malerischen Kurven der Arlbergstraßen mit ihren weiten Ausblicken auf hohe Berggipfel, das (meist) herrliche Wetter, das die glänzenden Embleme der frisch gewaschenen Fahrzeuge ziert – all das gehört zu dem, was diese Rallye so besonders macht.
Mit Vorfreude auf die kommende 17. Ausgabe im Jahr 2026 kann sich die A.C.C.R. auf ihre Beständigkeit, ihre vielfältige und beeindruckende Startliste, ihre regelmäßigen Teilnehmenden sowie die willkommenen Neulinge verlassen – für die es stets einen Platz gibt, um dieses unverfälschte Stück Vorarlberg am Steuer ihrer geschätzten Fahrzeuge zu entdecken. Alles in allem verkörpert diese wahrhaft einzigartige Rallye die Werte, für die Lech und das Arlberg-Tal stehen: außergewöhnliche Landschaften, hervorragende Geselligkeit und erstklassige Gastfreundschaft – sowie eine gewisse „Art de vivre“, die durch stilvolles Fahren auf diesen Straßen noch verstärkt wird.
Über die Autorin
Cécile Christmann ist eine in Frankreich ansässige Architektin, Kuratorin und Autorin. Sie hat sich auf die Bereiche Hospitality und Design spezialisiert und arbeitet regelmäßig mit ausgewählten Marken oder Hotels im Bereich Innenarchitektur und Content-Produktionen. Sie ist außerdem eine leidenschaftliche Autorin zu ihren Lieblingsthemen – von der Automobilwelt über Architektur bis hin zu Kunst und Kultur.